Viele Menschen verbinden mit dem Ort Gasen natürlich die Stoakogler Musikanten ("Stoa"), viele idyllische sehr steile Alm und Wiesenflächen, Erholung und hervorragende Kulinarik. Die Bewirtschaftung dieser extrem steilen Flächen ("steil") auf den Wiesen aber auch im Wald stellt die Bauern vor enorme Herausforderungen.
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Wie ein steiler Serpentinenweg verlief auch die Lebensplanung von Hannes Willingshofer nicht immer einfach und geradlinig. Als gelernter Tischler hat ihn Holz schon immer fasziniert und mit diesem wunderbaren Material persönliche wertvolle Schmuckstücke zu fertigen war eine große Erfüllung ("Stolz auf Holz"). Dennoch hat er über zwölf Jahre als Licht- und Tontechniker Die "Stoakogler" und Die "Paldauer" begleitet und ihre Erfolge genossen. Mit der Heirat seiner Frau Maria im Jahr 2009 hat sich der Weg zum Land- und Forstwirt abgezeichnet. Seit der Betriebsübernahme vor zehn Jahren hat sich viel getan am Grabenbauerhof in Sonnberg.
Mit der landwirtschaftlichen Facharbeiterausbildung ging es daran, die Betriebsausrichtung hin zum Biobetrieb mit Mutterkuhhaltung umzusetzen. Die Idee, die Murbodner Rinder nur mit Heu ohne Silage oder Kraftfutterzugaben zu versorgen, hat für viele ungläubige Stimmen und ein Raunen im Dorf gesorgt. Gute Heuqualität auf diesen sehr steilen Flächen zu erzeugen war ohne technische Heutrocknung undenkbar. Aber vom Ziel und von der Qualität dieser Fütterung überzeugt, hat Hannes Willingshofer viel Geld und Herzblut in den Stallneubau im Jahr 2016 mit einer Heutrocknung investiert. Hannes haben technische Herausforderungen immer schon gereizt. Die Heutrocknung so schonend und energieeffizient wie möglich zu gestalten und gleichzeitig arbeitstechnisch praktikabel umzusetzen war sein großer Ehrgeiz.Diese Heutrocknung von der Firma Sepp Reindl (HSR) besteht aus einem 8 kW Lüfter und einem 8 kW Luftentfeuchter. Nebenbei wird die gesamte Dachfläche auch noch mit Warmluft zur Trocknung genutzt. Energie Heu, die große Nachfrage und überzeugende Qualität des Rindfleisches geben Maria und Hannes Recht. Sie machen damit nicht nur den Gästen im Biohotel Retter eine Freude, sondern fühlen sich in ihrer Art und Weise, Rinder zu halten und die Wiesen und Almen zu erhalten bestätigt.
Die sehr gute Waldflächenausstattung und die guten Zuwachsbedingungen an den Nordhängen des Plankogels legen den betrieblichen Forstschwerpunkt nahe. Auf den skelettreichen silikatisch karbonatischen Grundgesteinen mit hohen Jahresniederschlagsmengen bildet sich ein typischer Fichten-Tannen-Buchenwald aus. Die Nutzungseingriffe der letzten Jahrzehnte haben den Fichtenanteil begünstigt. In der Waldbewirtschaftung war viele Jahre der weit verbreitete Sparkassengedanke im Vordergrund. Die Waldflächen weisen daher große Durchforstungsrückstände auf und teilweise ist das Starkholz allen gut vermarktbaren Stärkeklassen entwachsen. Auf den ersten Blick ist das natürlich kein Nachteil, aber diesen Nachholbedarf zu bewältigen setzt in diesem steilen Seilgelände eine entsprechende Mechanisierung voraus. Die Erschließung und Wegedichte ist für Seilgeräte ausreichend, erfordert aber zunehmend intensive Wegerhaltungsmaßnahmen. Die Erneuerung der Straßenschotterung und Entwässerungen stehen auf vielen Kilometern an. Die Waldwirtschaftsgemeinschaft Almenland hat in einem gemeinschaftlichen Projekt die Erhebung und Erstellung eines Waldwirtschaftsplanes unterstützt. Aus dem Waldwirtschaftsplan im Jahre 2012 geht ein waldbaulicher Hiebsatz von rund 1.000 Efm pro Jahr hervor, der diesen Nachholbedarf Die Erhaltung wertvoller Biotopbäume macht Hannes Willingshofer große Freude. Der eigene Seilkran ist seine Leidenschaft und regt immer zu neuen Entwicklungen an. Fotos (3): J. Krogger ausdrückt. Die Erhebungen der Waldflächen und eine bestandesweise Ausscheidung war die unabdingbare Voraussetzung für die Planung weiterer waldbaulicher Maßnahmen. Mit diesem guten Plan ist aber noch kein Baum gefällt. Diese Herkulesaufgabe war mit Traktor und Funkseilwinde nicht zu bewältigen. Die Anschaffung eines gebrauchten Seilkranes vom Typ Wanderfalke 1,5 to, aufgebaut auf einem 3-Achs LKW mit Woody 50 Harvesterkopf war kostenintensiv, aber die damit verbundenen Erlösaussichten eindrucksvoll. Die Holzerntearbeiten erledigt Hannes Willingshofer als Maschinist am Seilkran mit einem teilzeitbeschäftigten Mitarbeiter. Die gesamte Holzvermarktung wird über den Waldverband Weiz abgewickelt und weiters das örtliche Biomasseheizwerk Gasen beliefert. Dabei wird immer mehr darauf Wert gelegt, dass die Wipfel und die Äste möglichst am Schlagort oder in Durchforstungen im Bestand verbleiben. So wird der Nährstoffkreislauf wenig gestört und die Humusbildung unterstützt. Die erhöhte Rauigkeit der Bodenoberfläche in diesen Steilflächen fördert zudem die Wasserspeicherfähigkeit und Naturverjüngung. Hier spürt man das natürliche Verständnis von Hannes Willingshofer für Zusammenhänge im Kreislauf der Natur. Diese vielfältigen Wechselwirkungen beobachtet er aufmerksam und er berücksichtigt sie wo immer es möglich
Der Erhalt der Biodiversität spielt eine zentrale Rolle. So bleiben bewusst einzelne Überhälter oder knorrige Bergahorn stehen. In einem mehrere Hektar großen Rotbuchenbestand finden sich zahlreiche Bruthöhlenbäume und sowohl stehendes als auch liegendes Totholz. In den fichtendominierten Waldbeständen werden seltene Baumarten wie Ahorn, Esche, Ulme, Vogelbeere oder Birke besonders gepflegt und als „Laubspender“ stehen gelassen. Diese seltenen Baumarten sind flächenmäßig untergeordnet, erhöhen aber dennoch die Artenvielfalt in den Beständen. Für Hannes Willingshofer ist Artenvielfalt auf den Wiesen und im Wald keine grüne Schwärmerei, sondern der Schlüssel zum Erfolg. „Wir müssen akzeptieren, dass alles in der Natur seinen Sinn hat und daher auch seinen Platz braucht. Wir sollten die natürliche Vielfalt dankbar annehmen, zulassen und womöglich fördern“ ist Hannes Willingshofer überzeugt. Die Kreislaufwirtschaft setzt einen umfassenden Blick auf unsere Umgebung voraus. Hannes Willingshofer engagiert sich auch seit 2017 im Vorstand der WWG Almenland und kämpft für die Erfolge der gemeinschaftlichen Holzvermarktung. Sein kritischer Geist regt immer wieder zu Diskussionen an. Er ist dabei überraschend selbstkritisch und hält sich und den Mitgliedern des Waldverbandes den Spiegel vor. Diese aktive, offene aber auch kritische Herangehensweise an die vielfältigen Themen in der Land- und Forstwirtschaft sind aber doch von einer positiven Grundeinstellung geprägt.